In Labors arbeiten Forscherinnen und Forscher an der Entwicklung und Untersuchung von neuen Nano-Substanzen. Doch das Gefährdungspotenzial dieser Stoffe ist oft noch unbekannt.
Die Arbeitsbedingungen für die Forschungsvorhaben wechseln oft, und auch die  Zusammen-setzung der dort arbeitenden Gruppen ändert sich immer wieder.
Unter hohem Erfolgsdruck stehen in erster Linie Forschungsfragen im Vordergrund - nicht jedoch Sicherheitsüberlegungen.

Neue Ratschläge für Sicherheitsmaßnahmen bei der Arbeit mit Nanomaterialien in Labors wurden vom Arbeitskreis Laboratorien der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und auch von der britischen 'UK Nano-safety Group' vorgelegt.

Diese Ratschläge halten übereinstimmend fest, dass bei Tätigkeiten in Nano-Labors zunächst Informationen über die möglichen Risiken der verarbeiteten Materialien eingeholt und Maßnahmen zur Herabsetzung der möglichen Gefahren geplant werden sollten. Da jedoch die physikalisch-chemischen und die möglicherweise auch toxischen Eigenschaften solcher Nano-Substanzen nur unvollständig bekannt sind, sollte beim Umgang mit Nanomaterialien große Vorsicht geübt werden. Durch organisatorische und technische Vorkehrungen muss sichergestellt werden, dass eine Belastung der Arbeitskräfte durch Nanostäube und Nanofasern so weit wie möglich verhindert wird.

Es sind dafür nicht wirklich neue Schutzmaßnahmen erforderlich – allerdings müssen die Vorkehr-ungen, die im Laboratorium die Kontrolle der dort vorhandenen oder erzeugten Gefahrstoffe ermöglichen, konsequent und lückenlos beachtet werden.
In einer eigenen Publikation der DGUV aus dem Jahr 2017 werden die Grundlagen für ein "Sicheres Arbeiten in Laboratorien" beim Umgang mit allen Arten von Chemikalien beschrieben.

 

Details und Ergänzungen - Besondere Bedingungen in Nano-Forschungslabors

Im Bereich der Forschung und Entwicklung  werden neue Arbeitsstoffen entwickelt und erforscht. Die Gefährdungspotenziale sind oft nicht näher bekannt, und die Arbeitsbedingungen – oft beim Umgang mit speziellen Apparaturen – erfordern viel Flexibilität.  In erster Linie stehen Forschungsfragen im Vordergrund, und demgegenüber werden sicherheitstechnische Aspekte nicht immer ausreichend beachtet.

Die Situation in Österreich ist wohl auch für den Umgang mit Nanomaterialien vergleichbar. Für die Beschäftigten in Forschungslabors - sowohl universitären als auch außeruniversitären - gilt das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. Auf die Einhaltung von dessen Vorschriften hat der Arbeitgeber - im Fall der Universitäten also das Rektorat - zu achten. Studierende hingegen genießen nicht den Schutz des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes; für sie gibt es keine einheitlichen Vorschriften zum vorsorgenden Schutz ihrer Sicherheit und Gesundheit. Umso wichtiger ist es daher, die nachfol-gend genannten Schutzmaßnahmen konsequent auch für Studierende durchzuführen.

 

Empfehlungen der DGUV für den Umgang mit Nanomaterialien in Labors

Die im März 2015 von der 'Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung' vorgelegten Ratschläge für die Arbeit mit Nanomaterialien erinnern an den deutschen Ausschuss für Gefahrstoffe, der Nanomaterialien nach dem anzunehmenden Schädigungspotential in vier Gruppen einteilt:  
 

  1. in Wasser bei Normalbedingungen lösliche Nanomaterialien,
  2. biobeständige Nanomaterialien mit spezifischen toxikologischen Eigenschaften,
  3. biobeständige Nanomaterialien ohne spezifische toxikologische Eigenschaften,
  4. biobeständige, faserförmige Nanomaterialien.


Für eine abschließende Beurteilung der Risiken solcher Substanzen liegen nach Überzeugung der DGUV noch keine ausreichenden Informationen vor, und daher sollte unter Beachtung des  Vorsorgeprinzips wirksame Schutzmaßnahmen getroffen werden. Nanomaterialien mit bekannten toxikologischen Eigenschaften, aber auch solche mit faserartigen biobeständigen Strukturen sind Grund für besondere Vorsicht. Für die Nanomaterialien der Gruppe III sollte
ein Arbeitsplatzgrenzwert von maximal 0.5 mg/m3 (dies entspricht der Hälfte des aktuell gültigen Arbeitsplatzgrenzwertes für reguläre Stäube) jedenfalls nicht überschritten werden.
 
Beachtet werden sollte auch, dass sich luftgetragene Nanoobjekte wie Gase oder Dämpfe verhalten. Im Gemisch mit Luft kann bereits mit relativ geringen Mengen (ab 100 mg) eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre erzeugt werden, und auch spontane Selbstent-zündungen solcher Nanostäube sind möglich.

 

Empfehlungen für Tätigkeiten in Chemie-Labors

Von einem Arbeitskreis der US - Akademie der Wissenschaften - NAS   und auch vom nationalen Forschungsrat, dem U.S. NRC, sind Handbücher veröffentlicht worden, die "zur konsequenten Anwendung der Maßnahmen, die im Laboratorium die Kontrolle von Gefahrstoffen ermöglichen" raten. Bei diesen Ratschlägen für sicherheitsorientierte Arbeitsabläufe in Chemielabors wird auch der Umgang mit Nanomaterialien berücksichtigt – insgesamt geht es um:

die gründliche Vorbereitung auf die möglichen Risiken der verarbeiteten Materialien (durch Beachtung der Informationen von vertrauenswürdiger Quellen)

die vorherige Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung (Evaluierung), die folgende Elemente umfassen soll:

  • eine Charakterisierung des Zustandes der zur Verwendung vorgesehenen Nanomaterialien (z.B. trocken und staubförmig, flüssig, Suspension, Matrix etc., denn die leicht zu dispergierende pulverförmigen Nanopartikel stellen wegen des Inhalationsrisikos die größte gesundheitliche Gefahr dar, und daher sollten vorzugsweise Nanomaterialien in den Formen verarbeitet werden, die geringere Risiken mit sich bringen
  • eine genaue Beschreibung der Arbeitsschritte und eine Analyse der damit verbundenen möglichen Gefahren
  • die Festlegung von technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen sowie persönlicher Schutzausrüstung in Betriebsanweisungen
  • die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschließlich der Vorbereitung auf Zwischenfälle und Notfälle
  • die Beachtung möglicher Abfallströme, die Nanopartikel verbreiten könnten
  • die Untersuchung möglicher Reaktionen zwischen Nanomaterialien und anderen (evtl. in den Abluft-Filtern, etc.) vorhandenen Stoffen.

die Verwendung von geeigneten technischen Schutzmaßnahmen

  • Durchführung der Arbeiten in geeigneten Sicherheitswerkbänken mit wirksamen HEPA-Luftfiltern, in sogenannten 'Gloveboxes'
  • die Reinigung des Abluftstromes durch wirksame und regelmäßig überprüfte und gewartete Filteranlagen
  • den Transport von Proben mit Nanomaterialien zwischen Instrumenten und Arbeitsplätzen nur in geschlossenen und deutlich gekennzeichneten Behältern.
     

Als Beispiele für empfohlene organisatorische Schutzmaßnahmen werden genannt

  • geeignete Planung und Gestaltung der Arbeitsumgebung (Trennung von belasteten Bereichen und anderen Flächen, Vorkehrungen zur Dekontamination etc.)
  • die Unterweisung aller Personen, die in den Labors arbeiten oder sich dort nur vorübergehend aufhalten, über die Risiken und über die Richtlinien und Betriebsanweisungen für einen sicheren Umgang
  • Anbringen von Schildern am Eingang zu Bereichen, in denen Nanomaterialien verwendet und bearbeitet werden, mit Bezeichnung der Gefahren, der vorgeschriebenen persönlichen Schutzausrüstungen, und der geltenden Zutrittsbeschränkungen;
  • eine Überwachung durch Messung der Partikel-Konzentrationen (vorzugsweise durch transportable Messgeräte), die mit den Werten der Hintergrundbelastung verglichen werden - sofern dabei erhöhte Belastungen in der Nähe von vermuteten Emissionsquellen festgestellt werden, sollten genauere Untersuchungen der emittierten Partikel erfolgen
  • regelmäßige Reinigung beim Umgang mit Nanomaterialien, so dass alle Arbeitsflächen und Geräte frei von Rückständen von Nanopartikeln gehalten werden und alle bei der Reinigung verwendeten Materialien und Abfälle in Übereinstimmung mit den Laborregeln für den Umgang mit gefährlichen Stoffen entsorgt werden.

Als Beispiele für empfohlene persönliche Schutzmaßnahmen werden genannt

  • Verwendung von geschlossenen Schutzbrillen und von Arbeitskleidung und eine getrennte Ablage der benutzten Arbeitskleidung bis zur kontrollierten Entsorgung oder Reinigung
  • die Vermeidung jedes Hautkontakts mit Nanopartikeln oder Materialien, die Nanopartikel enthalten
  • die Benutzung - sofern erforderlich - von für diesen Zweck geeigneten Atemschutzfiltergeräten