Den wohl wichtigsten Ratschlag hat 2014 bereits die EU-OSHA, die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in Bilbao gegeben: "auf der Grundlage der uns vorliegenden Daten wird die Anwendung des Vorsorgeprinzips dort empfohlen, wo ein Kontakt mit Nanomaterialien möglich ist."
Auch die Standardisierungsorganisation ISO hat zur Berücksichtigung von Gesundheitsaspekten an Arbeitsplätzen - der Norm ISO/TR 12885:2008 - an das bereits bei der UNO-Konferenz in Rio als Leitprinzip betonte 'Vorsorgeprinzip' erinnert. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat auf dieses Prinzip bei einer Konferenz zu Risiken der Nanotechnologie in 2012 betont und es zu einem Leitgedanken der WHO-Empfehlungen im Jahr 2017 gemacht.
Maßnahmen zur Minimierung der Arbeitsplatzbelastung
- die Sammlung von Informationen über die verwendeten Nanomaterialien und deren möglicherweise schädigenden Eigenschaften;
- die weitgehende Substitution von besonders risikoreichen Stoffen durch weniger gefährliche Stoffe, sowie die Verarbeitung vorzugsweise in der Form von flüssigen Suspensionen anstelle von trockenen Pulvern (die sich leicht in der Luft verteilen);
- die Verwendung von technischen begrenzenden Maßnahmen (Kapselung, Einhausung, Verwendung von Absauganlagen, etc.);
- die Implementierung von organisatorischen Maßnahmen (Unterweisung, Zugangsberechtigung, Verkürzung von Expositionszeiten, Trennung von Arbeits- und Privatkleidung, Reinigung der Arbeitskleidung, Bereitstellung von Waschgelegenheiten, Abfallbehandlung, etc.);
- die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen, sofern Arbeitskräfte bei ihren Tätigkeiten noch immer durch Nanomaterialien belastet werden können (Atemschutzmasken mit Partikelfilter, das Tragen von Schutzkleidung, allenfalls auch von Atemschutzgeräten)
Details und Ergänzungen
Das als grundsätzliche Leitlinie des Handelns empfohlene » Vorsorgeprinzip « bedeutet zuerst, aufmerksam zu sein für die möglichen Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten und der Verbraucher. Denn auch wenn derzeit noch viele Details der Risiken durch Nanopartikel nicht bekannt sind, sollten präventive Maßnahmen zur Risikovermeidung vorgenommen werden, sofern sie den Grundsätzen der Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips
entsprechen.
Es wird also nach dem Vorsorgeprinzip nicht ausgeschlossen, dass die Nanomaterialien potenziell gesundheitsgefährlich sind. Erst dann, wenn genaue Erkenntnisse vorliegen, welche die Aufrechterhaltung dieser Annahme nicht mehr rechtfertigen, darf das hohe Schutzniveau verlassen werden. Diese Grundsätze müssen bei der Evaluierung von Arbeitsplätzen mit Nanomaterialien berücksichtigt werden.
Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) bietet in Österreich Unterstützung zum Schutz der Gesundheit von Arbeitnehmer:innen. Das gemeinsam mit dem Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) überarbeitete Merkblatt M310 „Nanotechnologie“ enthält Informationen zu aktuellen Anforderungen an Sicherheitsdatenblätter von Nanomaterialien, zu potenziell gesundheitlichen Auswirkungen beim Kontakt mit Nanomaterialien, zu Messmethoden zur Abschätzung der Exposition am Arbeitsplatz sowie eine Anleitung zur Risikobewertung und Empfehlungen zum Schutz der Arbeitnehmer:innen.
Arbeitsplatzgrenzwerte von Nanomaterialien
Arbeitnehmer:innen kommen in ihrem beruflichen Alltag zunehmend mit Engineered Nanomaterials (ENMs) in Berührung. Die Zahl der Personen, die in ihrem Arbeitsumfeld ENMs ausgesetzt sind, wurde für das Jahr 2020 auf 6 Millionen weltweit geschätzt.[1] Dabei findet die Aufnahme nicht nur über die Atemwege, sondern auch oral oder über die Haut statt. Mögliche unerwünschte Gesundheitseffekte, die sich daraus ergeben können, sind vielfältig und können von Erkrankungen einzelner Organe bis hin zu Auswirkungen auf das Immunsystem reichen.[2]
Um diese Gefahren zu adressieren und Personen, die in ihrem Berufsalltag mit ENMs in Kontakt kommen, bestmöglich zu schützen, ist die Festlegung und Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten (AGW) von entscheidender Bedeutung. In Österreich sind AGW von gefährlichen Arbeitsstoffen in der Form von MAK-Werten (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) und TRK-Werten (Technische Richtkonzentration) durch die Grenzwerteverordnung (GKV)[3] geregelt. Die Einhaltung der MAK-Werte soll sicherstellen, dass Arbeitnehmer:innen – auch bei wiederholter und langfristiger Exposition – keiner gesundheitlichen Schädigung ausgesetzt sind. Dabei basieren die MAK-Werte auf der toxikologischen / arbeitsmedizinischen Bewertung der Arbeitsstoffe und weisen – im Gegensatz zu den TRK-Werten – einen Schwellenwert für die schädigende Wirkung auf, während man sich bei TRK-Werten rein an der technischen Machbarkeit orientiert und ein Restrisiko für die Gesundheit auch bei Einhaltung des Grenzwerts nicht ausgeschlossen werden kann.
Jedoch gestaltet sich die toxikologische Einschätzung von ENMs oft schwierig, da die Verringerung der Partikelgröße neue Effekte und Eigenschaften bedingt. Aus diesem Grund kann nicht zuverlässig von den bekannten Eigenschaften größerer Partikel (Bulkmaterial) auf jene von Nanomaterialien gleicher chemischer Zusammensetzung geschlossen werden.
Im Folgenden soll exemplarisch der aktuelle Stand zu Arbeitsplatzgrenzwerten von ENMs in Europa zusammengefasst werden. Dabei soll geklärt werden, welche Regularien es bereits gibt, und welche Herausforderungen bei der Festlegung entsprechender Grenzwerte bestehen. Abschließend wird ein Blick auf die laufende Diskussion über zukünftige – angedachte – Grenzwerte geworfen.
Herausforderungen bei der Festlegung von Arbeitsplatzgrenzwerten für Nanomaterialien
Die möglichen gesundheitlichen Risiken von ENMs hängen nicht nur von der Partikelgröße und der chemischen Zusammensetzung der Teilchen, sondern auch von deren Morphologie und spezifischen Oberflächeneigenschaften ab[1].
Die Partikelgröße von ENMs ist häufig nicht einheitlich. Daher ist die Angabe der Partikelgrößenverteilung entscheidend, um die gesundheitlichen Auswirkungen näher einschätzen zu können.
Betrachtet man z.B. zwei Partikelkollektive mit gleicher Masse, aber unterschiedlichen mittleren Partikeldurchmessern, so ist die Anzahl (und damit die Partikelkonzentration) der kleineren Partikel deutlich höher als die der größeren. Im dargestellten Beispiel (siehe Abbildung 1) wurden mittlere Partikeldurchmesser von 15 und 75 nm gewählt. Dabei zeigt sich, dass die gewählte Maßeinheit zur Beschreibung der Partikelgrößenverteilung (z.B. Partikel/m³, mg/m³), erheblichen Einfluss auf die Darstellung der ENM-Konzentration hat.
[1] Merkblatt M.plus 310 Nanomaterialien (AUVA, 2022)
[1]Vgl. NIOSH (2012)
[2] Vgl. bspw. Taveres et al. (2025)
[3] Vgl. Grenzwerteverordnung 2024
Arbeitsplatzgrenzwerte werden üblicherweise als Massenkonzentrationen (in mg/m³ Luft) angegeben. Die Relevanz dieser Maßeinheit bei Nanomaterialien ist jedoch umstritten[1],[2], da sie die Anzahl der potenziell gesundheitsschädigenden Partikel nicht berücksichtigt. Die gesundheitlichen Auswirkungen von Nanopartikeln (wie oxidativer Stress oder Entzündungsreaktionen) sind vielmehr von der Partikel- und Oberflächenkonzentration abhängig. Beispielsweise können hohe Partikelzahlen die Lungenabwehr überfordern, selbst wenn die Gesamtmasse der Partikel vernachlässigbar ist. Allerdings birgt die Messung der Partikel- und Oberflächenkonzentration von Nanopartikeln als zusätzliche Herausforderung die Notwendigkeit, den Agglomerationsgrad – vereinfacht ausgedrückt die Verklumpung – der Partikel zu bestimmen. Das ist messtechnisch sehr aufwendig.
Aus praktischer Sicht sind bei der messtechnischen Überwachung von Arbeitsplatzgrenzwerten zusätzliche Faktoren zu berücksichtigen: so müssen Messgeräte, die zuverlässig in der Größenordnung des festgelegten Grenzwerts messen können, verfügbar sein. Außerdem müssen diese Messgeräte in der Lage sein, ENMs von der Hintergrundkonzentration luftgetragener Partikel zu unterscheiden.
Aktueller Stand zu Arbeitsplatzgrenzwerten von Nanomaterialien in Europa
Auf europäischer Ebene gibt es dzt. (Stand September 2025) keine expliziten Arbeitsplatzgrenzwerte für ENMs. Vielmehr werden die betreffenden Stoffe – unabhängig von ihrer Größe – über die Chemical Agent Directive 98/24/EC[1] sowie die Carcinogen and Mutagen Directive 2004/37/EC[2] reguliert. 2014 veröffentlichte die Europäische Kommission die Richtlinien zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmer:innen vor den potenziellen Risiken im Zusammenhang mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz, in der jedoch auch keine Grenzwerte[3] definiert sind.
Es gibt allerdings auf nationaler Ebene sehr wohl Empfehlungen für verschiedene Gruppen von ENMs und andere Advanced Materials (AdMa). Finnland bezieht sich explizit auf die Ergebnisse des Projekts „GrapHazard“[1], dessen teilchenbasierte Grenzwerte gleichlautend mit jenen sind, die das norwegische Arbeitsinspektorat vorschlägt[2]. Dieselben Werte wurden bereits vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) sowie vom niederländischen Nationalen Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu, RIVM) empfohlen[3], [4]. Nachfolgende Tabelle fasst diese Zahlenwerte zusammen:
NRV-Klasse | Beschreibung | Dichte [kg/m3] | Nano-Referenzwert (bei einer Exposition von 8 Stunden) |
1 | Starre, biobeständige Nanofasern, für die eine asbestähnliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann | - | 0,01 Fasern/cm3 |
2a | Biobeständige, granuläre ENM im Bereich 1-100nm | > 6.000 | 20.000 Partikel/cm3 |
2b | Biobeständige, granuläre und faserförmige ENM im Bereich 1-100nm | < 6.000 | 40.000 Partikel/cm3 |
3 | Nicht biobeständige ENM im Bereich 1-100nm | - | Gültiger Grenzwert (des Bulkmaterials) |
Tabelle 1: Empfehlungen zu Nano-Referenzwerten (NRV, Nano Reference Value).
Die Einteilung in verschiedene Gruppen veranschaulicht, dass es beim sicheren Umgang mit ENM sowohl auf die Form (Faser, kugelförmig, …), als auch andere Faktoren wie Biopersistenz (Biobeständigkeit), Löslichkeit oder Dichte ankommt, wodurch die Festlegung entsprechender Regularien deutlich verkompliziert wird.
Die Biopersistenz ist auch Thema in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe 527 - Tätigkeit mit Nanomaterialien[5], die seit 2020 in Deutschland gelten. Auch hier werden die Materialien basierend auf der Toxizität des Ausgangsmaterials beurteilt. Eine Ausnahme stellen biobeständige faserförmige Nanomaterialien dar, für die der Hersteller asbestartige Wirkungen widerlegen muss.
Die chemische Beschaffenheit der Teilchen, nicht ihre Größe, bildet auch in Schweden[6] und Frankreich[7] die Grundlage für den (sicheren) Umgang mit ENMs am Arbeitsplatz.
Diskussionen zu zukünftigen Grenzwerten
Die Tatsache, dass es bislang keine EU-weit verbindlichen Arbeitsplatzgrenzwerte für ENMs gibt, und auch die vorgeschlagenen Richtlinien Verbesserungspotenzial aufweisen, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass intensiv an den Grundlagen zur Ableitung von Grenzwerten gearbeitet wird. So beschäftigte sich die EU-Kommission bereits 2020 in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien, die Teil des European Green Deals
ist, mit ENMs. Der Fokus wurde dabei auf die Untersuchung der Toxizität von ENMs am Arbeitsplatz, sowie die Entwicklung neuer Arbeitsplatzgrenzwerte gelegt[1].
Ein internationales Expert:innengremium diskutierte im Jahr 2022 das Fehlen rechtlich bindender Arbeitsplatzgrenzwerte für ENMs, und schlägt eine Methode zur Festlegung solcher vor. In ihrer Publikation[2] behandelten die Expert:innen drei Fragen:
- Welche Kategorien von ENMs sollten unterschieden werden, um Arbeitsplatzgrenzwerte abzuleiten?
- Welche Nachweise werden benötigt, um Werte für diese Kategorien zu definieren?
- Wieviel Aufwand ist nötig, um das zu erreichen?
Das Gremium schlägt eine Klassifizierung in sechs Kategorien vor, basierend auf Morphologie und Toxizität des Materials. Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit werden durch mehrere Faktoren festgelegt: chemische Zusammensetzung, Partikelgröße, Form, Oberfläche, Agglomeration und Löslichkeit.
Schlussfolgerung
Das Hauptproblem bei der Ableitung von Arbeitsplatzgrenzwerten für Engineered Nanomaterials liegt in der Bewertung ihrer spezifischen Toxizität, die sowohl von der Partikelgröße, der chemischen Zusammensetzung (insbesondere dann, wenn kein Grenzwert für das Bulkmaterial existiert) als auch von der Morphologie und den spezifischen Oberflächeneigenschaften der Nanopartikel abhängt. Die Entscheidung, ob Grenzwerte masse-, partikel- oder oberflächenbasiert angegeben werden, beruht auf unterschiedlichen Einflussfaktoren, unter denen die praktische Messbarkeit wesentlich ist.
[1]Vgl. European Commission (2020)
[2] Vgl. Visser et al. (2022)
[1] Vgl. Finnish Institute of Occupational Health (2023)
[2] Vgl. Arbeidstilsynet (o.J.)
[3] Vgl. IFA (o.J.) .
[4] Vgl. RIVM (2017)
[5] Vgl. BAUA (2020)
[6] Vgl. Bohgard (2024)
[7]Vgl. Code du travail (2008)
[1] Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Beschäftigten vor den Risiken, die von chemischen Arbeitsstoffen ausgehen
[2] Schutz von Arbeitnehmer:innen vor den Gefahren durch die Exposition gegenüber Karzinogenen und Mutagenen am Arbeitsplatz
[3] Im Sinne von Maximaler Arbeitsplatzkonzentration (MAK)
[1] Vgl. Hull et al. (2012)
[2] Vgl. Visser et al. (2022)
STOP Schutzmaßnahmen
Für einen verantwortungsbewussten Umgang mit gefährlichen Stoffen an Arbeitsplätzen sind, abgestufte Maßnahmen ("STOP") vorgesehen.
- Substitution
- Technische Maßnahmen
- Organisatorische (kollektive) Maßnahmen
- Persönliche (individuelle) Schutzmaßnahmen
Dies entspricht auch der Rangordnung der Maßnahmen zur Gefahrenverhütung nach dem österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (§ 43).
An erster Stelle steht die Substitution, das ist der Ersatz von gesundheitsgefährdenden Stoffen durch harmlosere; Pulverförmige Nanomaterialien sollen möglichst in gebundener Form (in Pasten, Flüssigkeiten oder Feststoffen) verarbeitet werden; an Stelle von Sprühanwendungen sollen Verfahren wie Streichen oder Tauchen zum Einsatz kommen.
Ist die Substitution nicht möglich, sind technische Schutzmaßnahmen zu treffen. Das Entstehen von Stäuben und Aerosolen soll z.B. durch Arbeiten in geschlossenen Apparaturen oder durch wirksame Absaugvorrichtungen vermieden oder minimiert werden; die Abluft soll durch geeignete Filter gereinigt werden, und die Absaugvorrichtungen sind regelmäßig zu warten; die Reinigung darf ausschließlich durch das Aufsaugen mit geeigneten und mit Filtern ausgestatteten Geräten oder durch feuchtes Aufwischen erfolgen.
Nach den technischen Schutzmaßnahmen sind organisatorische Schutzmaßnahmen festzulegen. Dies kann z.B. dadurch erfolgen, dass die Expositionszeit und die Anzahl der exponierten Personen beschränkt werden und nicht befugte Personen keinen Zugang zu Bereichen haben, in denen Nanomaterialien verarbeitet werden. Information und Unterweisung für die Arbeitskräfte über Gefahren und Schutzmaßnahmen, auch bei Kontamination, sind regelmäßig erforderlich. Die Sicherstellung von Hygienestandards (z.B. geeignete Waschgelegenheiten für die exponierten Arbeitskräfte, getrennte Aufbewahrung der beruflich eingesetzten Kleidung und der Straßenkleidung) ist notwendig.
Erst wenn alle oben angeführten Schutzmaßnahmen keinen ausreichenden Schutz vor Nanopartikeln bieten, können personenbezogene Schutzmaßnahmen getroffen werden. Beispiele dafür sind:
- Atemschutz (mit ausreichenden Partikelfiltern)
- geeignete Schutzhandschuhe
- geschlossene Schutzbrillen
- Schutzkleidung
Ein Beispiel aus den USA:
Arbeitsschutzbehörde OSHA - "Working Safely with Nanomaterials" (aus dem Jahre 2013)
Informationsblatt der U.S. Arbeitsschutzbehörde OSHA:
Was wissen wir über die Folgen einer Belastung mit Nanomaterialien?
Durch Forschungsvorhaben und Tierversuche sind bereits einige mögliche Sicherheitsrisiken und gesundheitsschädigende Auswirkungen von Nanomaterialien bekannt geworden.
Die Entwicklungen im Bereich der Nanotechnologien schreiten rasch voran und daher ist zu erwarten, dass in Zukunft mehr Informationen über die potentiellen Gesundheits- und Sicherheitsrisiken einige Nanomaterialien vorliegen werden. Das Ausmaß der gesundheitlichen Gefahren hängt ab von den spezifischen Eigenschaften des betreffenden Nanomaterials, aber auch von der Höhe der Belastungen, denen das Personal am Arbeitsplatz ausgesetzt ist.
Beispiele
- einige Arten von faserförmigen Nanopartikeln (wie Kohlenstoffnanoröhrchen) können nach der Inhalation tief in die Lungen gelangen und dort Fibrosen und Entzündungen auslösen;
- Titandioxid (TiO2) wird als Bestandteil von Farben, von Papier und von kosmetischen Produkten eingesetzt, und die Dimensionen der TiO2-Partikel sind teilweise im Nanobereich (< 100 nm). Die NIOSH, die U.S. Behörde für Arbeitsplatzsicherheit, hat festgestellt, dass solche Nanopartikel aus TiO2 schädigender wirken können als größere TiO2-Partikel, und dass Nano-TiO2-Partikel, die inhaliert werden können, als möglicherweise krebserregend angesehen werden müssen;
- einige Arten von Nanopartikeln sind in der Lage, durch Zell-Membranen hindurch zu dringen und Zellstrukturen und das Funktionieren von Zellen zu beeinträchtigen;
- manche Nanomaterialien wirken wie chemische Katalysatoren, sie können auch zu Explosionen und zu Feuern führen.
Beurteilung der Belastungen an den Arbeitsplätzen
Arbeitgeber sollten die Belastungen der Beschäftigten durch Nanomaterialien bewerten und dann die erforderlichen Kontrollmaßnahmen zur Herabsetzung der Belastungen auswählen, indem sie
- zunächst diejenigen Arbeitsprozesse und Bearbeitungsschritte identifizieren, bei denen eine Belastung durch Nanomaterialien auftreten kann;
- feststellen, in welchem Zustand - als Suspension, Feinstaub, oder Tröpfchen - die dort vorhandenen Nanomaterialien verarbeitet werden;
- bestimmen, in welcher Weise - über die Haut, per Inhalation, oder mit der Nahrung -eine Aufnahme von Nanomaterialien durch die Arbeitskräfte möglich wäre;
- auswählen, welche Messverfahren geeignet sind, die Konzentration von Nanopartikeln an den Arbeitsplätzen und den zeitlichen Verlauf der Belastungen zu bestimmen und aufzuzeichnen;
- schließlich auf der Grundlage der festgestellten Werte der Belastungen an den Arbeitsplätzen festlegen, welche zusätzlichen Kontrollmaßnahmen erforderlich sind, um eine ausreichende Herabsetzung der Konzentrationen an der Arbeitsplätzen zu erreichen.
Wie können Arbeitgeber die Belastungen an den Arbeitsplätzen reduzieren?
Es werden laufend neue Anwendungen von Nanomaterialien entwickelt, und auch die Erforschung von möglichen gesundheitlichen Schädigungen durch Nanomaterialien ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Derzeit erscheint es als sinnvoll, wenn die Arbeitgeber eine Kombination der im Folgenden angeführten Kontrollmaßnahmen verwenden, um die Belastungen an den Arbeitsplätzen so gering wie möglich zu halten:
- technische Kontrollmaßnahmen: Arbeit mit Nanomaterialien nur in geschlossenen und belüfteten Arbeitsräumen (wie unter einer Abzugshaube, einer 'glove box', etc., die mit einer Lüftungsanlage und einem wirksamen HEPA-Filter versehen ist);
- organisatorische Kontrollmaßnahmen:
- Bereitstellung von Handwaschbecken und von Informationen zur Wichtigkeit von Hygiene-Maßnahmen;
- Festlegung von Verfahrensvorschriften zur Reinigung von Arbeitsoberflächen und zur Beseitigung von verschütteten Arbeitsmaterialien (nur mit feuchtem Aufwischen oder mit Spezial-Staubsaugern mit HEPA-Filtern).
- persönliche Schutzausrüstungen: Bereitstellung von geeigneter Ausrüstung – wie: Handschuhe, Schutzkleidung, Gesichtsmasken, Atemgeräte;
- arbeitsmedizinische Untersuchung und Kontrollen - und die Ermöglichung einer begleitenden medizinischen Untersuchung aller Arbeitskräfte, die bei ihrer Tätigkeit mit Nanomaterialien umgehen.